Schlau mit Spaß

Spielend lernen

Kinder zu fördern ist ganz einfach: SPIELEND LERNEN die Kleinen am besten. Unsere Experten erklären, warum ein Puppenhaus manchmal jeden Pädagogen ersetzt.
Sie brauchen kein Grammatik‐ oder Wörterbuch, keinen Volkshochschul‐ und keinen Konversationskurs: Kinder eignen sich Sprachen nebenbei an, durch Zuhören und Nachplappern. Gleichzeitig lernen sie noch zu laufen, zu essen, auf die Toilette zu gehen und alleine einzuschlafen. „In der frühesten Kindheit heben wir eine größere Lernfähigkeit als jemals danach im Leben“, erklärt Thomas Trautmann, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. „Das Kindliche Gehirn kann im Grunde nur eine Sache: ununterbrochen lernen“. Eine geniale Einrichtung der Natur.


Kleiner Haken: Wissenschaftliche Erkenntnisse wie diese setzten Eltern auch unter Druck. Kann es da noch genügen, sich einfach entspannt über das erste „Mama“ oder den ersten wackeligen Schritt zu freuen? Vermasselt man dem Kleinen nicht brilliante Zukunftsaussichten, wenn es nicht mit drei schon fließend Englisch spricht und mindestens das kleine Einmaleins herunterrasseln kann? Sollte es nicht lieber in die musikalische Früherziehung, statt stundenlang seinen Spielzeug‐Traktor hin und her zu schieben?

Fakt ist, dass jedes Kind seinen eigenen Entwicklungsplan hat. Lernen und Fördern sollten individuell sein. Ein Patentrezept gibt es nicht. „Für mich heißt das, ein Kind seinem Entwicklungsstand gemäß zu unterstützen, also zu beobachten, wofür interessiert es sich, was braucht es“, sagt Katharina Bäcker‐Braun, Diplom‐Pädagogin und Autorin(„Kluge Babys ‐ Schlaue Kinder“) aus Bad Tölz. Das bedeutet, ihm möglichst viel Gelegenheit zu bieten, sich auszuprobieren im Familienalltag – und vor allem, indem es ganz viel spielt.

„Spielen bedeutet Lernen“, sagt Experte Trautmann. „ Hier können Kinder alles entdecken, und sie können alles beliebig oft wiederholen.“ Schon Säuglinge schulen spielerisch ihre Sinne – wenn sie die Bewegung eines Mobiles staunend verfolgen oder den Geräuschen von Rasseln und Spieluhren lauschen. Später trainieren Bauklötze Feinmotorik und Koorination. Und spielen Kinder mit anderen Kindern, lernen sie noch etwas ganz Entscheidenes: soziale Kompetenzen. „Sie bekommen dabei ein sehr feines Gespür dafür, was sich gehört“, erläutert Trautmann. Auf der anderen Seite ist beim spielen alles erlaubt, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Da werden die Esszimmerstühle schon mal zum Raumschiff, die Ecke hinterm Sofa verwandelt sich mit Hilfe von ein paar Decken in eine Räuberhöhle.

Auch Vorwissen für die Schule eignen sich Kinder spielerisch an. „Ein Kaufladen fördert das umgehen mit Zahlen und Mengen“, sagt Katharina Bäcker – Braun. „Fingerspiele, Reime und Bilderbücher führen kindgerecht in den Bereich der Sprache und des Lesens ein.“ Bei Rollenspielen wie „Vater, Muter, Kind“ redet man automatisch viel miteinanader – und das wirkt sich ebenso auf die Sprachentwicklung aus. Gut auch, wenn Eltern ihrem Kleinen die Welt erklären und ganz normale Tätigkeiten immer wieder kommentieren, zum Beispiel „So jetzt ziehen wir die die Schuhe an“ oder „Die Mama hlt jetzt schnell ein Topf aus dem Schrank“. Auf diese Weise erweitern Kinder ihren Wortschatz, bringen Begriffe und Gegenstände miteinander in Verbindung und werden selbst zum Kommunizieren angeregt. Fragt das Kind seinen Vater, der in der Zeitung blättert: „Papa was machst du da?“, so kann er schlicht antworten „Lesen“.
Oder er kann das kleine auf den Schoß nehmen und ihm Buchstaben zeigen. So entwickelt es ein Gefühl für Schrift, lange bevor es lesen lernt.

Kinder stellen ständig Fragen, sind von Natur aus wissbegierig und neugierig. Interessen müssen Eltern daher nicht erst wecken, sie entstehen bei den Kleienn ganz von selbst – irgendwann auch die an der Welt der Buchstaben und Zahlen. Kinder sind stolz darauf, wenn sie dann ihren Namen schreiben oder ihr Alter mit den Fingern zeigen können. Wann es jedoch soweit ist, ist jedoch ganz unterschiedlich. Manche Kinder, besonders wenn sie ältere Geschwister haben, wollen schon Buchstaben kennenlernen, ehe die Vorschule beginnt. Anderen reichen die Angebote im Kindergarten – auch das sit in Ordnung. „Die Kinder werden dort in der Regel gut auf den Übertritt in die Schule vorbereitet“, sagt Katharina Bäcker – Braun. „Ein extra Trainingsprogramm zu Hause braucht es nicht.“

Eltern sollten Eltern sein und nicht zu Lehren werden, findet auch Thomas Trautmann. Ein Kind muss schon lesen und rechnen können, bevor es in die Schule kommt. Und: Schulmeisterhaft jeden Fehler zu korrigieren, das ist nicht nötig“, sagt der Erziehungswissnschaftler. Besser: helfen, es richtig zu machen, Missgeschicke ab und zu einfach großzügig übersehenund jeden Erfolg aufrichtig loben. Denn was die Kinder für die Zukunft brauchen, ist Spaß am Lernen. Neugierig bleiebn, Fragen stellen, Lösungen suchen – das sind entscheidene Kompetenzen heuete und morgen. Und das funktioniert laut Pädagogin Katharina Bäcker‐Braun nur, wenn Kinder eines haben: Vertrauen in ihre eigene Leistungsfähigkeit.

Wer seine Kinder zu etwas drängt, nimmt ihnen häufig dieses Vertrauen. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, dem Nachwuchs vermeintlich wertvolles Wissen einpauken zu wollen oder ihn in Kurse zu schicken, die ihm keine Freude machen. Denn dann sind Kinder schnell überfordert – und enttäuscht über ihr eigenes Nicht‐Können.

Wie aber erkennen Eltern, ob ihr Kleines überfordet ist? Ganz einfach, sagen die beiden Experten übereinstimmend: Es hat keine Lust mehr, beendet schlicht das Spiel oder klappt das Buch zu.

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